Klimaziele ernst nehmen. Wärmeerzeugung und Abfallwirtschaft nachhaltig transformieren.

Begründung:

1. Unser Ziel der Klimaneutralität 2035 ist ambitioniert, aber (noch) nicht illusorisch. Die größten Bedenken bestehen hinsichtlich solcher Bereiche, in denen die Stadt mitunter wenig oder keinen Einfluss hat, etwa dem Anteil klimaneutraler Antriebstechniken im Verkehrssektor dem Weiterbetrieb privater und gewerblicher Heizanlagen oder dem Konsumsektor. Umso dringlicher ist es, in jenen Bereichen engagiert und konstruktiv voranzugehen, die wir beeinflussen können.

2. Der von AfD und Team Zastrow unterstützte Vorstoß der CDU, das Klimakonzept nur unverbindlich zur Kenntnis zu nehmen, wäre eine Katastrophe für die städtischen Klimabemühungen. Er würde die Finanzierung in Frage stellen und uns weit hinter die Klimaziele von Dresden Zero zurückwerfen. Der Antrag ist hier zu finden: https://ratsinfo.dresden.de/getfile.asp?id=775927&type=do
   
   Klimaziele bei jeder Investition berücksichtigen
   
   Viele unserer Investitionen bestimmen nicht nur den CO2-Ausstoß bis 2035, sondern haben klimarelevante Auswirkungen darüber hinaus. Wir müssen das Klimaziel bei jeder Ersatzinvestition, bei jeder Sanierung und vor allem bei jedem Neubau berücksichtigen. Heizungsanlagen sind in Deutschland durchschnittlich über 13 Jahre alt, PKW über 10 Jahre. Wo wir jetzt noch CO2-emittierende Lösungen einsetzen, schaffen wir damit einen hohen Investitionsbedarf schon innerhalb der nächsten 10 Jahre.

3. „Ring 30“, die geplante Müllverbrennungsanlage der Sachsen-Energie, soll laut Integriertem Energie und Klimakonzept bis zu 320 Millionen EUR an Investitionsmitteln kosten. Anlagen dieser Art laufen mindestens 20 Jahre, meist über 30. Die Anlage wird laut Plänen jährlich 120.000 Tonnen Müll verbrennen. Dies bedeutet 200.000 bis 260.000 Tonnen CO2-Emissionen [CO2-Emissionsfaktor laut https://link.springer.com/article/10.1007/s00506-018-0466-8/tables/4], von denen laut Sachsen-Energie die Hälfte biogenen Ursprungs sein soll und damit keine Emissionszertifikate erfordern würde. [Anmerkung der AG: das letzte Abfallwirtschaftskonzept weist sinkende biogene Anteile im Restmüll von zuletzt in 2017/18 32,5% an. Quelle: Abfallwirtschaftskonzept ]
   Die Sachsen-Energie hat angegeben, dass die Anlage 120.000 Tonnen CO2 jährlich emittieren würde, allerdings kennen wir keine nachvollziehbare Rechnung und haben auch auf direkte Nachfrage während einer gemeinsamen Beratung der AG mit Vertreter:innen der Sachsen Energie am 5.12.2025 keine Aufstellung oder zufriedenstellende Antwort erhalten. Erdgas hat im Übrigen nur einen marginal niedrigeren Emissionsfaktor als Restabfälle.
   
   Für „Ring 30“ ist bisher keine Errichtung einer Anlage zur CO2-Abscheidung geplant. Geplant ist es aber zumindest die baulichen Voraussetzungen für den späteren Bau einer solchen Anlage zu schaffen (also dafür Betriebsgelände vorzusehen). Die Sachsen-Energie hat im Gespräch vom 5.12.2024 geäußert, dass neben dem gesetzlichen Rahmen auch die Wirtschaftlichkeit der Errichtung einer Anlage zur CO2-Abscheidung gegeben sein müsse.
   
   Teile der AG Klima und Energie lehnen die Anlage selbst mit CO2-Abscheidung aus abfallwirtschaftlichen Gründen, der Ungewissheit eines Anschlusses an ein CO2-Leitungsnetz oder auch wegen der Risiken der CO2-Speicherung (CCS) ab. Auch Verfahren wie die langfristige Speicherung von CO2 in Baustoffen stecken derzeit in frühen Entwicklungsphasen.[Quelle]
   Weitere Teile der AG halten die Nachrüstung schlicht für unrealistisch. Der Energiebedarf der CO2-Abscheidung schmälert beim aktuellen technischen Stand die Fernwärmeausbeute zu stark und es gibt erhebliche Zweifel, ob es sinnvoll und möglich ist, die hohen Kosten der CO2-Abscheidung zeitnah genug für unsere Klimaziele auf die Preise der Fernwärme umzulegen. Viele der großen CO2-Abscheidungsprojekte in der EU (Aufzählung weiter unten) werden derzeit aufgeschoben und bereits realisierte Pilotanlagen scheiden nur einen marginalen Anteil der Emissionen ab. Besondere Skepsis erweckten Aussagen der Sachsen-Energie, dass diese annimmt, dass der Restmüll und gewerbliche Abfall aufgrund der Klimaneutralitätsverpflichtung Deutschlands ab 2045 als fossilfrei und CO2-neutral anzusehen sei. Diese Behauptung konterkariert nach Ansicht eines Teils der AG jede Dekarbonisierungsbestrebung.
   Andere Teile der AG blicken optimistischer auf die Absichtserklärung der Sachsen-Energie und die Entwicklung der Technologie und verweisen auf erste Anlagen, die eine CO2-Abscheidung erproben und Pläne für Abscheidungen in größerem Umfang. Beispiele sind Anlagen in Hannover (Link), bei Amsterdam (Link), Trondheim (Link) oder in Japan (Link). Diese Teile der AG sehen damit nach wie vor die Möglichkeit, dass die SachsenEnergie eine Anlage errichtet, die nicht dem Ziel der Klimaneutralität Dresdens entgegensteht.
   
   Wird Dresden erst klimaneutral, wenn „Ring 30“ abgeschaltet wird?
   
   Für eine vollständige Dekarbonisierung der Stadt und städtischen Gesellschaften würden wir uns mit der Anlage (ohne CO2 Abscheidung) jedenfalls ein langfristiges und erhebliches Hindernis errichten. Der Vorschlag des Integrierten Energie- und Klimakonzeptes nennt als Ziel bis 2035 eine Reduzierung der CO2-Emissionen um 90% ausgehend von den Emissionen des Jahres 1990. [Quelle: https://ratsinfo.dresden.de/vo0050.asp?__kvonr=26325] Die verbliebenen 10% wären etwa 650.000 Tonnen CO2 jährlich. Davon würden demnach 100.000 bis 130.000 Tonnen allein auf die Müllverbrennung entfallen. Das Ziel der Klimaneutralität oder der negativen Emissionen zur Rückkehr auf den 1,5 Grad Pfad ist mit der Anlage ohne CO2-Abscheidung unmöglich. Da nach aktueller Gesetzeslage (Brennstoffemissionshandelgesetz) Abfälle als Brennstoff angesehen und bei der Verbrennung (nicht ihrer Entsorgung oder Produktion) mit einem CO2 Preis (von derzeit 55 EUR je Tonne, zukünftig steigend) belegt werden, stellt die Anlage auch ein Kostenrisiko für die Fernwärme dar.
   
   Der Antrag hat das Ziel sich auf erneuerbare Wärmequellen als Alternative zu fokussieren.
   
   Eine Abkehr von der Müllverbrennungsanlage Ring 30 erfordert mehrere Änderungen in städtischen Strategien und Konzepten. Aktuell ist das integrierte Energie- und Klimakonzept in der Beratung der Stadtratsgremien. [Siehe https://ratsinfo.dresden.de/vo0050.asp?__kvonr=26325, siehe insbesondere Beschlusspunkt 3d] Dort ist die Müllverbrennungsanlage berichtsmäßig als investitionsintensivste Einzelmaßnahme enthalten und muss entsprechend ersetzt und die CO2-Prognose entsprechend angepasst werden. Das Klimakonzept enthält diese Anlage aber nur, weil diese in der Dekarbonisierungsstrategie der Sachsen-Energie enthalten ist. Diese nahm der Stadtrat zur Kenntnis, beschloss aber schon damals eine Ausrichtung am Klimaziel gemäß „Dresden-Zero“. Bisher ist die Sachsen-Energie aber nicht aktiv geworden, selbst den Widerspruch zwischen den CO2-Emissionen der geplanten Anlage und dem Ratsbeschluss zur Dekarbonisierungsstrategie aufzulösen. [Siehe https://ratsinfo.dresden.de/vo0050.asp?__kvonr=25740, siehe insbesondere Beschlusspunkte 3 und 4.] Daher ist es am Stadtrat auch diesen Widerspruch selbst aufzulösen.
   
   Unsere bündnisgrüne Stadtratsfraktion fordern wir auf, im Stadtrat dafür einzutreten, die Widersprüche des Klimakonzepts aufzulösen und dessen Verbindlichkeit zu sichern!
   
   Die baldige Vorlage des Abfallwirtschaftskonzeptes und die Verhandlung über die Vergabe des Dresdner Hausmülls bietet weitere Möglichkeiten darauf hinzuwirken, dass eine Müllverbrennung in diesem Umfang eben nicht unvermeidbar ist. Die Durchsetzung einer Abgabe auf Einwegverpackungen und andere Maßnahmen des Wahlprogramms werden , wenn überhaupt, dann nur mit großen Widerständen im Rat durchzusetzen sein. Unsere bündnisgrüne Fraktion verdient hier unsere volle Unterstützung.
   
   Die RING 30-Anlage soll insbesondere gewerblichen Müll in erheblichem Umfang verbrennen. Die Anlage setzt nicht nur darauf, dass Müll weiter in großem Umfang anfällt und auch von außerhalb nach Dresden transportiert wird. Sie setzt vor allem auch darauf, dass der Müll weiterhin große Anteile mit hohem Brennwert hat. Dies lässt sich nicht mit unserem Ziel vereinbaren, auch die energiereichen Verpackungs- und Bioanteile im Restmüll zu minimieren.
   
   In der AG Klima wurde und wird deshalb auch kontrovers diskutiert, wie viel Müllvermeidung in den nächsten Jahrzehnten stattfinden kann und ob eine Autarkie Sachsens in Sachen Müllverbrennung angesichts von bundesweiten Überkapazitäten sinnvoll ist. Einigkeit besteht darin, dass die aktuell geplante Anlage abzulehnen ist.

4. Alle Städte mit Fernwärmenetzen müssen auf der Grundlage des Wärmeplanungsgesetzes [insb. §4 https://www.gesetze-im-internet.de/wpg/BJNR18A0B0023.html] derzeit an Transformationspfaden für ihre Wärmeerzeugung arbeiten. Es gibt zahlreiche Städte, welche diese Transformation ohne eine Müllverbrennung planen und Deutschland hat erhebliche Überkapazitäten (Quelle). Ostsächsische Kommunen zahlen etwa Strafgebühren dafür, dass die Anlage in Lauta zu schlecht ausgelastet wird [Quelle].
   
   Recherchen in der AG Klima und Energie zeigten zahlreiche Wärmepumpenprojekte vergleichbarer Städte. Diese sind zum Teil bereits in Betrieb, andere im Bau oder fortgeschrittenen Planungsphasen. [Quellen: MAN-Wärmepumpe in Esbjerg, Dänemark; Luft-Wärmepumpe in Patola, Finnland; MVV Wärmepumpe am Rhein, Mannheim Flusswärmepumpe, Flusswärmepumpe Stendal] Selbst wenn man die (oben bestrittene) CO2-Reduktionsthese der Sachsen-Energie zugrunde legen würde, erreichen Wärmepumpenprojekte eine um Faktor 2 bis 5 bessere THG-Reduktionsmengen je investiertem Euro. [„Ring 30“ soll nach den nicht nachvollziehbaren Berechnungen der Sachsen-Energie für je investierte 2666 EUR eine Tonne CO2 je Jahr einsparen. Die geplante Rostocker Flusswärmepumpe Unterwarnow etwa benötigt dafür nur 783 EUR; die von der Sachsen-Energie geplante Wärmepumpe an der Weißeritz 1168 EUR je jährlich eingesparter Tonne CO2. Zudem haben Wärmepumpen nicht das Preisrisiko für steigende CO2-Zertifikatspreise. Eine Übersicht über aktuelle Großwärmepumpenprojekte anderer Städte ist hier zu finden: Übersicht Großwärmepumpen der AG
   
   Wir unterstützen daher auch ausdrücklich die bisherigen Pläne der Sachsen-Energie zur Errichtung von Großwärmepumpen auch zur Nutzung der Elbe, zur Nutzung des Abwassers der zentralen Kläranlage in Kaditz-Übigau und zur Nutzung von industrielller Abwärme und fordern das Unternehmen auf, diese zu intensivieren und weitere Projekte zur erneuerbaren Wärmeerzeugung zu initiieren.
   
   Warum nicht verstärkt auf Wärmepumpen setzen?
   
   Die größte Abhängigkeit der Müllverbrennungsanlage ist aber die Abhängigkeit von Müll. Die Anlage soll insbesondere gewerblichen Müll in erheblichem Umfang verbrennen. Die Anlage setzt nicht nur darauf, dass Müll weiter in großem Umfang anfällt und nach Dresden transportiert wird. Sie setzt vor allem auch darauf, dass der Müll weiterhin große Anteile mit hohem Brennwert hat. Dies lässt sich nicht mit unserem Ziel vereinbaren, auch die energiereichen Verpackungs- und Bioanteile im Restmüll zu minimieren. Dass eine erhebliche Reduktion des Aufkommens von Rest- und gewerblichem Müll möglich ist, zeigen Studien der Umweltverbände (Quelle).
   
   Die Müllverbrennungsanlage ist eine Wette gegen Müllvermeidung und Kreislaufwirtschaft!
   
   Wärmepumpen sind für Phasen mittlerer und niedriger Strompreise ideale Wärmeerzeuger.
   Dennoch kommt es im Jahr mitunter zu Phasen hoher Strompreise, welche entsprechend des Wirkungsgrades von Wärmepumpen auch auf den Erzeugungspreis der Wärme durchschlagen würden. Zur Minimierung dieses negativen Effekts können neben Stromspeichern auch große Wärmespeicher dienen, wie sie bereits in anderen Städten errichtet wurden und werden. [https://www.zfk.de/energie/waerme/iqony-waermespeicher-deutschland-leuchtturmprojekt] Auch die Sachsen-Energie prüft ähnliche Projekte.

5. Wenn dieser Antrag auch noch eine Antwort darauf geben müsste, wie wir mit Wasserstoff umgehen sollten, wäre er noch länger und komplexer geworden. Er fordert daher nur dazu auf, dass wir die Debatte auch um den Einsatz von Wasserstoff aktiv führen.

6. In der Öffentlichkeit war unsere kritische Position zur Müllverbrennung kaum wahrnehmbar und erheblichen Angriffen ausgesetzt. Die Widersprüche aufzulösen und eine klare Linie zu vertreten, kann uns hier erheblich weiterhelfen. Wir müssen aber jetzt vorangehen und unsere Ideale nicht nur noch halten, sondern auch leben. Wenn die Anlage erst genehmigt oder gar gebaut ist, wird eine Umkehr viel größere Widerstände überwinden müssen.

Zahlreiche Fragen zum Antrag hat die AG in der Infosammlung versucht zu beantworten. Für weitere Fragen steht insbesondere Norbert.Engemaier@gruene-dresden.de (auch per Signal) zur Verfügung. Die Einreichung des Antrags als AG Klima und Energie Dresden wurde am 7.3. 2025 beschlossen.